Frühling in Wien 2022

Frühling in Wien 2022

Das Programm
Kontrabass und Blumen im Großen Saal des Musikverein Wien
Programmvorschau

Konzertvorschau für das traditionelle Osterkonzert

von Rainer Lepuschitz

Zu einem märchenhaften Frühlingsausflug laden die Wiener Symphoniker das Publikum im TV-Osterkonzert. Zunächst heißt es „Herrreinspaziert“ (sic!) in den Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, mit einem so betitelten, wundervollen Walzer aus der vergessenen Operette „Der Schätzmeister“ des Johann-Strauss-Antipoden Carl Michael Ziehrer. Dem Wiener, der 1922 in Erdberg als letzter Vertreter der goldenen Wiener Operetten- und Walzer-Ära starb, gilt aus Anlass der 100. Wiederkehr seines Todesjahres in diesem Konzert eine besondere Stellung. Die Wiener Symphoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Andrés Oroczo-Estrada werden mit der Polka schnell „Loslassen“ und mit zwei weiteren mondänen Walzern, „Wiener Bürger“ und „Märchen aus Alt-Wien“, aus der Feder des letzten k.u.k. österreichischen Hofballmusikdirektors die Wiener „Musikbürger“ im Laufe des Konzerts durch ihre Heimatstadt im glanzvollen Klang der Donaumonarchie führen.

So wie Ziehrer und seine Musik ungerechterweise in den Schatten der Strauss-Dynastie gerieten, wird auf den aus dem ungarischen Keszthely stammenden Komponisten Karl Goldmark beinahe überhaupt vergessen. Doch die Symphoniker holen eine der phantastischen Tondichtungen des zu seinen Lebzeiten in Wien hochangesehenen Musikers, dessen Werke zum Stammrepertoire nicht nur im Wiener Musikverein zählten, aus dem Archiv. „Im Frühling“ (so der Titel einer Goldmark-Ouvertüre) blüht nach einem ähnlich Mendelssohns „Italienischer Symphonie“ vorwärtsdrängenden Beginn ein Füllhorn prächtiger Melodien auf. Mit Goldmarks Musik kann man durch eine liebreizende, romantische und in bunten Farben schillernde Frühlingslandschaft wandern.

Zu einer Landpartie werden der Cellist Kian Soltani und die Symphoniker mit drei Sätzen aus Friedrich Guldas Cellokonzert aufbrechen. Dabei geraten sie zunächst in einen regelrechten Frühlingssturm, doch bald erklingen auch sanfte alpenländische Volksmusikweisen, bis sich vollends eine Salzkammergut-Idylle ausbreitet. Doch dann spielen die Symphoniker in diesem Osterkonzert im Finale des Gulda-Konzertes sogar als deftige Blasmusik auf, während der Cellist Skalen und Koloraturen wie in einer Tenor-Stretta vollführen muss.

Einen weiteren, so wie Goldmark etwas vernachlässigten Komponisten, Erich Wolfgang Korngold, holen die Symphoniker ins Frühlingslicht und „malen“ zwei entzückende Klanggemälde aus der ersten Orchesterkomposition „Märchenbilder“ des Wiener Wunderkindes, der später zum Hollywood-Filmmusikstar wurde. Nach dem „Ball beim Märchenkönig“ in Korngolds Vertonung nehmen die Symphoniker ihre hörenden Gäste auch noch auf einen Maskenball bei einem gewissen Prinzen Orlofsky mit, wenn sie in einer Suite die schönsten Melodien und zündendsten Rhythmen aus Johann Strauss‘ Operette „Die Fledermaus“ entfachen. Glücklich ist, wer – bei diesem Konzert – dabei ist!